Pressestimmen

Christian Wulff feiert zehn Jahre Wirtschaftsclub Celle.

"Ich bin öfter in Celle als Sie glauben - aber ich melde mich mich nicht immer an", versicherte der ehemalige Bundespräsident. Der Festredner sprach vor rund 100 Mitgliedern und Freunden des Clubs in der Congress Union Celle zum Jubiläum des Clubs. Das "heimliche Highlight" des Abends war allerdings der Juventis Chor des K.A.V. unter der Leitung von Stephan Doormann.

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Celle Heute | 09.11.2017

 

Oratorium zwischen zwei Welten

Beeindruckender Abend in Celler Stadtkirche schlägt musikalische Brücken

CELLE. Das Publikum tobte: Und zwar zu Recht. Zu berichten ist von einer Aufführung des Weihnachts-Oratoriums von Johann Sebastian Bach in der Celler Stadtkirche, die nicht nur wegen der Kombination mit arabischer Musik etwas ganz Besonderes war, sondern die vor allem auch ein Publikum angesprochen hat, das keineswegs selbstverständlich diese beiden Arten von Musik von sich aus hören würde. Sowohl die Musik unserer hiesigen Kultur, die Musik Bachs als auch diejenige aus dem arabischen Raum faszinierte jeweils für sich.

Was Chorleiter Stephan Doormann mit seinem Juventis- Jugendchor erreicht hat, war äußerst beeindruckend. Die Jugendlichen sangen mit einer Hingabe und einem Können, dass man kaum den eigenen Ohren traute. Dirigent Doormann hat für ein ungemein erfülltes, immer auf große Bögen ausgerichtetes Musizieren gesorgt: ein hervorragender Bach-Dirigent. Dass Doormann zudem noch exquisite Gesangssolisten und ein zumindest in den Bläsern beachtlich gutes Orchester verplichtet hatte, erschien dann fast zweitrangig. Andererseits aber gab es auch Berührendes aus der arabischen Kultur zu erleben mit einem orientalische Kammerensemble unter Leitung von Claudia Ott.

Außerdem trat ein arabischer Volksmusiksänger auf, der mit einer Wahrhaftigkeit uns kompliziert erscheinende, höchst ausdrucksstarke Erzählgesänge darbot, dass man nur staunen konnte. Zusätzlich kam es bei den arabischen Prois zu dem Versuch, sich künstlerisch mit Bachs Musik auseinanderzusetzen. Der Anfang der zweiten Kantate bestand aus einer frei schwingenden traditionellen orientalischen Hirtenmusik, die direkt in die Bach-Sinfonia hinüberführte und dort als metrische gebundene rhythmische Struktur weiterhin durchzuhören war.

Während am Anfang des Stückes die westliche und östliche Musik wie im Kontrast gegeneinander standen, wurde im Mittelteil eher das Gemeinsame betont, was dazu führte, dass immer eine der beiden Kulturen zurückstecken musste. Es wirkte deshalb umso sinnfälliger, dass in der dritten Kantate, in die zum Ende hin auch ein kleiner Flüchtlingschor integriert wurde, dann wieder mehr das Nebeneinander zu erleben war. Dieses Nebeneinander wirkte nun aber dichter als noch am Anfang des Abends, aber es blieb ein Nebeneinander. Letztlich demonstrierte dieser Abend, wie schwierig Integration ist. Das Konzert dauerte weit über zwei Stunden. Man brauchte Geduld. Dieser Abend war ein Grenzen sprengendes Konzert, das weit über ein rein musikalisches Ereignis hinausging.

Cellesche Zeitung | Reinald Hanke am 29.11.2016

 

Orient trifft Okzident

Flüchtlingschor und Schülerchor gestalten Weihnachtsoratorium in Celler Stadtkirche

Musik verbindet. Das dachten sich die Initiatoren des neu gegründeten Flüchtlingschores, der zusammen mit dem „Juventis“-Jugendchor ein Konzert geben werden, bei der die klassische Musik von Johann Sebastian Bach auf orientalische Klänge wie das irakische Sehnsuchtslied „Mawwal“ treffen wird.

Wenn am Sonntag um 18 Uhr in der Celler Stadtkirche mit dem aufmunternden „Jauchzet, frohlocket“ das berühmte Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach eröffnet wird, dann wird es nicht so sein wie in den vergangenen Jahren. Nicht nur, weil anstelle der Stadtkantorei ein Schülerchor im Altarraum steht, sondern auch und vor allem, weil mit einem in die Veranstaltung eingebundenen Flüchtlingschor ein hörenswerter Brückenschlag zu erleben sein wird. Ein Brückenschlag, bei dem alle Beteiligten „Neuland“ betreten. „Neuland – Ein Begegnungskonzert zwischen Orient und Okzident“ ist daher auch der Untertitel für das diesjährige Weihnachtsoratorium. Und alles begann mit einem unverhofften Zufall. Ende August des vergangenen Jahres war der Bargfelder Antiquar Hermann Wiedenroth in den Besitz einer Sammlung arabischer Kirchen- und Weihnachtslieder gekommen.

Sie stammen ursprünglich aus dem Nachlass des schwäbischen Pädagogen Johann Ludwig Schneller, der 1860 in Jerusalem ein religionsübergreifendes syrisches Waisenhaus für christliche und muslimische Kinder gegründet hatte, das 1940 aufgelöst wurde, zehn Jahre später von seinen Nachkommen mit zwei Einrichtungen im Libanon und in Jordanien unter dem Namen „Schneller-Schulen“ einen neuen Anfang nahm und heute zum Evangelischen Missionswerk gehört. Als Hermann Wiedenroth der in Beedenbostel lebenden promovierten Arabistin Claudia Ott davon erzählte und ihr die Handschriften und Drucke mit der originellen und sehr ungewöhnlichen Rechts-nach-links-Notenschrift zeigte, war der leidenschaftlichen „Cross-over“-Musikerin sofort klar, „welch ein Schatz“ da unverhofft vor ihr ausgebreitet wurde. Allein der ideelle Wert dieser sorgfältig zusammengestellten Chorsätze war kaum zu ermessen. Ohne etwas von diesem „Schatzfund“ zu ahnen, wandte sich nur wenig später Hans-Georg Sundermann, der damalige Superintendent des evangelisch-lutherischen Kirchenkreises Celle, an Claudia Ott und regte an, die Gründung eines Flüchtlingschores in Erwägung zu ziehen.

Ein solches Projekt sei bei ihr „aufgrund ihrer akademischen Fachkenntnisse und ihrer praktischen Erfahrungen in besten Händen“. Claudia Ott war von Beginn an begeistert von dieser Idee und erzählte dem Superintendenten von den neu entdeckten arabischen Weihnachtsliedern. „Das kann doch kein Zufall sein“, ging es ihr dabei durch den Kopf. Im weiteren Gespräch war man sich schnell darüber einig: Diese Lieder können wertvolle Brücken bauen zwischen Kulturen und Religionen. Und „Brückenbau“ wurde dann auch zum Schlüsselwort für das, was in der Folgezeit an Ideen und deren Umsetzung entwickelt wurde: Eine musikalische Begegnung der Kulturen in der Weihnachtsgeschichte, die ja schon für sich vielfache Bezüge zum „Morgenland“ in sich trägt. Die Idee hierzu kam von Stephan Doormann, Chorleiter am Kaiserin-Auguste-Viktoria-Gymnasium. Mit dem von ihm gegründeten „Juventis“-Jugendchor plante er ein solches Projekt, das er „Neuland“ nennen wollte und für das er einen Partner auf der orientalischen Seite suchte.

Hans-Georg Sundermann brachte nun beide Seiten zusammen. Und mit einer gesunden Portion Enthusiasmus erarbeitete man gemeinsam ein Konzept: Der Flüchtlingschor wird mit vier Liedern „mit Bach in einen Dialog treten“ und Kontraste zum Weihnachtsoratorium setzen, etwa mit einem irakischen „Mawwal“, einem „schmachtenden Sehnsuchtslied“, mit dem – so Ott – zu Beginn „die Tür zum Neuland aufgestoßen“ wird. An anderer Stelle werde man Bachs Tonsprache mit einem arabischen Marienlied verknüpfen. Ein professionelles kammermusikalisch besetztes Takht-Ensemble wiederum wird die arabischen Lieder begleiten, die sich unter anderem durch eigene Intervallstrukturen und durch ihren beachtlichen Spielraum für Interpretation und Improvisation von westlichen Kompositionen wesentlich unterscheiden. Und schließlich wird der „Juventis“-Chor mit dem Flüchtlingschor gemeinsam zwei Lieder in arabischer Sprache vortragen, darunter den Bach-Choral „Bi-farti hubbika th-thamin – Dies hat er alles uns getan“ aus dem Weihnachtsoratorium in der Übersetzung des Schnellerschen arabischen Weihnachtsliederbuchs. Zudem werden lyrische Texte als Bindeglied zwischen den Kulturen vorgetragen. Doch das sei noch nicht alles, verspricht Ott mit lachenden Augen: Das Finale werde eine Überraschung werden, doch „mehr wird noch nicht verraten, sonst ist es ja keine Überraschung mehr“.

Ott erklärt sich überaus zufrieden mit dem gegenseitigen Brückenbau, auch wenn der Weg „nicht immer leicht“ gewesen sei. Der „Juventis“-Jugendchor habe hervorragende Arbeit geleistet und sich sehr schnell an „die uns doch recht fremde Aussprache des Arabischen“ gewöhnt. Das gemeinsam gesungene Lied „Lamma bada“ sei sogar ein richtiger Ohrwurm geworden. Für die beteiligten Flüchtlinge wiederum war und ist das gemeinsame Projekt eine große Ehre, wie Faisal Alhassan sagt, der in Damaskus als Hochschuldozent für Bildende Künste tätig war. Und man spürt, dass diese Aussage nicht nur eine höliche Floskel ist. Dieses Projekt sei im Hinblick auf Integration „genau richtig“, ergänzt Mustafa Jojak: „Von so etwas habe ich lange geträumt.“ Und Safaa Ebaui, der als Solosänger dabei sein wird, sagt es auf seine Weise: „Der Gesang kommt nicht nur von den Lippen, sondern aus dem Herzen.“ Ott nickt zustimmend. Sie weiß, dass auf der Seite der Flüchtlinge die Schwelle zum „Neuland“ noch höher gewesen sein muss: Zum einen sei unsere traditionelle Chormusik und die damit verbundene Polyphonie in der arabischen Welt völlig unbekannt, und zum anderen sei keiner der beteiligten Flüchtlinge jemals vor Publikum aufgetreten. Schon gar nicht in einer so großen Kirche.

Doch mit dem ebenfalls aus dem Schatz der Schneller- Noten stammenden Motto „Freue dich, mein Herz, und singe“, das Ott unter dem Aspekt „Musik selber machen statt nur zuhören“ für den Flüchtlingschor gewählt hat, hat sie punktgenau getroffen. „Wenn es gelingt, die Freude am gemeinsamen Singen zu wecken, dann ist schon viel erreicht“, stellt sie fest. Denn der Chorgesang habe bei ihren Musikern eine zunehmende Faszination hervorgerufen. Und die Sprache der Musik habe das Ihre dazu beigetragen, dass man bei gegenseitigem Respekt und unter Wahrung des eigenen unverfälschten orientalischen beziehungsweise barocken Charakters der Musik in ein harmonisches Miteinander hineingleiten könne. „Dieses Projekt hat allen Beteiligten einen kaum zu bemessenden Reichtum an Begegnung und Verständnis beschert“, lautet ihr Resümee. Keine Frage: Das wäre ganz bestimmt auch im Sinne des verstorbenen Hans-Georg Sundermann gewesen.

Cellesche Zeitung | Rolf-Dieter Diehl, 25.11.2016

 

Jugendliche finden zu sich selbst

Chor des KAV-Gymnasiums bereitet sich auf „Weihnachtsoratorium“ vor

CELLE. Die Hannoversche Straße an einem typischen Novemberabend: Es nieselt. Alles ist feucht und unangenehm kühl. Norddeutsches Schmuddelwetter eben. Da fährt man am besten direkt bis zum Ort des Geschehens. Und das ist das Kaiserin-Auguste-Viktoria- Gymnasium. Von vorne ist alles dunkel. Nur ein erleuchteter Raum: nüchterne Büroatmosphäre. Ansonsten ist alles eine einzige graue, leicht schimmernde Fassade. Schnell hinein in den Pausenhof links vom Hauptgebäude. Man kommt um die Ecke, und da auf einmal ganz andere Eindrücke. Rechts ein älteres Gebäude mit großen Fenstern im Obergeschoss. Alles ist hell erleuchtet, man hört nur eine Stimme. Ja, das muss die Aula sein, der Ort, an dem doch gerade eine Chorprobe stattinden soll. Und wie auf Signal setzen sogleich jugendliche Stimmen ein: „Jauchzet, frohlocket“, so erklingt es. Und man spürt das Jauchzen bis in den Schulhof. Ja, diese Sangesschar singt nicht einfach einen Text, sie lebt ihn singenderweise. Und das soll ein Schulchor sein, der noch gar nicht lange in dieser Form existiert? Und der das erste Mal überhaupt ein solch anspruchsvolles Stück vorbereitet?

Was der Juventis-Jugendchor des KAV knapp vier Wochen vor der Aufführung des berühmten „Weihnachtsoratoriums“ von Johann Sebastian Bach in der Celler Stadtkirche singt, das klingt schon so gut, dass man kaum den eigenen Ohren traut. Das schöne runde Treppenhaus, das zur Aula des KAV hinaufführt, durchschreite ich nun schon ganz beschwingt, genieße die gelungenen Proportionen dieses Raumes genauso wie die gelungenen Klangproportionen, die an mein Ohr dringen. Ja, da wird einem ganz konkret klar, was man ja schon lange weiß, aber doch immer wieder vergisst: Musik kann etwas von Klang gewordener Architektur haben. Vor der Aula angekommen zunächst ein vorsichtiger Blick hinein. Alle scheinen ganz bei der Sache zu sein. Da verbietet sich ein Betreten von selbst. Da darf man nicht stören. Also setze ich mich draußen hin und lausche weiter.

Die Stimme des Chorleiters Stephan Doormann unterbricht mit klaren Worten: „Was haben wir zu dieser Stelle besprochen? Also. Und gleich noch einmal.“ Obwohl ich natürlich nicht wissen kann, was vorher besprochen wurde: Jetzt klingt es noch ein wenig freier. Ja, und die Töne kommen auch sicherer. Man spürt es bis in den Flur: Hier sind alle mit Konzentration und Spaß dabei. Dieser Chor ist kein Muss für die Schüler. Er soll auch deutlich abgegrenzt vom schulischen Alltagsleben sein: Deshalb sind die Proben auch erst gegen Abend. „Es muss sich jedem vermitteln“, so Doormann, „dass hier niemand eine Rolle spielen muss, wie das gar zu oft im Klassenverband zu erleben ist. Und nicht zu vergessen: Hier kommt man extra her, weil man genau das machen will, was wir machen. Hier inden die Jugendlichen zu sich selbst, auch wenn sie das selbst vielleicht gar nicht merken.“ Aber wenn die Jugendlichen sich dann dafür entschieden haben, dann erwartet Chorleiter Doormann auch Disziplin. Die muss in einem gesunden Verhältnis zur Lockerheit stehen. Später wird Doormann beim Wein im Wirtshaus erläutern: „Ich versuche immer, mit meinen Schülern auf Augenhöhe zu agieren. Ich nehme sie ernst, aber sie müssen auch mich ernst nehmen. Da muss ich gar keinen Druck ausüben. Das machen sie von sich aus. Sie haben inzwischen gemerkt, dass wir unser großes Ziel, diese Aufführung, nur erreichen können, wenn wir alle als Team zusammenhalten. Und das haben doch alle oder fast alle verstanden. Natürlich darf da auch mal kurz gequatscht werden, wenn es nicht stört, aber eben nur kurz. Und dann wird der Hebel umgelegt und mit allen Sinnen an der Musik gearbeitet. Das klappt hervorragend. Sie haben es ja gehört.“

Und in der Tat, die ersten Eindrücke bestätigen das aufs Schönste. Warum der Chor schon so früh vor der Aufführung so gut klingt, das erklärt sich von selbst, wenn man dann während der zweiten Probenhälfte konkret in der Aula dabeisitzt. Da singen mehr als zwei Drittel der jungen Sänger schon auswendig. So können sie sich ganz auf das musikalische Gestalten konzentrieren. Höchst aufmerksam folgen sie den Anweisungen des Dirigenten. Mal sind diese technischer Art: „Diese Endsilbe ,en‘, die darf doch nicht rausknallen. Die muss weich ausklingen. Auf!“ Und schon feuert er seine Soprane an, es gleich noch einmal zu versuchen. Ein anderes Mal geht es um das Halten der Spannung zwischen zwei Phrasen: „Achtzig Prozent von euch machen das richtig. Aber zwanzig Prozent noch nicht. Der Mist ist, dass ich nur diese zwanzig Prozent höre. Da könnt ihr nichts für. Das ist immer so. Aber darum müssen wir das ändern. Also! Und: Bitte: Alle atmen an der gleichen Stelle – ihr wisst noch, wo?“ Ja, sie wissen es noch. Und der nächste Durchlauf wird prompt besser. Aber noch keineswegs so, wie Doormann sich das als Ideal vorstellt. Er nimmt nun erst einmal eine Stelle heraus, zerlegt diese in ihre einzelnen Stimmen, spielt diese in einer Hand am Klavier vor und lässt kurz die Stimmgruppen alleine ihre Passagen anstimmen. Und dann kommen der Reihe nach die einzelnen Stimmen dazu. „Das können wir für heute so lassen.“ Nun widmet sich Doormann mit seinem ungefähr 60-köpigen Chor einem Choral. Und dabei erklingen ganz seltsame gesungene Worte. Die Melodie ist vertraut, aber wieso wird nun nicht mehr Deutsch gesungen? Des Rätsels Lösung liegt darin, dass dieses „Weihnachtsoratorium“ nicht nur unter dem Motto „Neuland – Orient trifft Okzident“ steht, weil es einen Flüchtlingschor und arabische Musiker mit ihren eigenen Weisen integriert, sondern auch, weil sich diese Musiken unterschiedlicher Kulturen in einander verschränken sollen.

Und genau das soll hier geschehen. Die Melodie war von Bach, die Sprache aber war Arabisch. Diese interessante Passage noch im Ohr, hoffe ich, dass nun auch noch gleich die arabischen Kollegen und der Flüchtlingschor dazukommen, aber das wird an diesem Abend nicht der Fall sein. „Wir haben zwar ein gemeinsames Konzept, aber die Erarbeitung läuft fast vollkommen eigenständig. Das macht die Chorleiterin des Flüchtlingschores, Claudia Ott, mit ihren Leuten ganz für sich. Wir hatten allerdings bereits gemeinsame Probenwochenenden mit beiden Chören. Diese Begegnung zwischen den Kulturen war uns schon sehr wichtig. Aber rein probentechnisch ist es so, dass wir jetzt erst wieder kurz vor der Aufführung zusammenkommen und die Teile ineinanderfügen. Drum machen wir auch keine traditionelle Generalprobe, sondern einen vielfach unterbrochenen Durchlauf. Diese letzte Probe dauert dann auch vom späten Vormittag mit Pausen bis in den späten Abend. Bis 21 Uhr habe ich das erst einmal geplant. Das werden wir schon brauchen.“ Doormann hat offensichtlich großes Vertrauen in alle, die irgendwie beteiligt sind. Dass es vielleicht Unwägbarkeiten in der Abstimmung zwischen dem „Weihnachtsoratorium“ und den orientalischen Passagen geben könnte, sieht Doormann nicht: „Chorleiterin Claudia Ott ist gleichzeitig die Leiterin des kleinen arabischen Musikensembles. Und sie ist ja als international renommierte Übersetzerin von ,Tausendundeine Nacht‘ die wohl beste Fachfrau für die arabischen Kulturen, die man sich denken kann. Mit ihr ist alles genau abgesprochen. Was soll da passieren? Wir sind beide Prois. Das haben wir alles im Griff, auch wenn für fast alle dieses Projekt Neuland ist.“ Und damit ist endgültig klar, warum der Untertitel dieses Projekts „Neuland – Ein Begegnungskonzert zwischen Orient und Okzident“ lautet.

Cellesche Zeitung | Reinald Hanke am 19.11.2016

 

Die Kirche tobte

Und zwar zu Recht. Zu berichten ist von einer Aufführung des Weihnachts-Oratoriums von Johann Sebastian Bach in der Celler Stadtkirche, die nicht nur wegen der Kombination mit arabischer Musik etwas ganz Besonderes war, sondern die vor allem auch ein Publikum angesprochen hat, das keineswegs selbstverständlich diese beiden Arten von Musik von sich aus hören würde. Sowohl die Musik unserer hiesigen Kultur, die Musik Bachs als auch diejenige aus dem arabischen Raum faszinierte jeweils für sich.

CELLE. Was Chorleiter Stephan Doormann mit seinem Juventis-Jugendchor erreicht hat, war äußerst beeindruckend. Die Jugendlichen sangen mit einer Hingabe und einem Können, dass man kaum den eigenen Ohren traute. Dirigent Doormann hat für ein ungemein erfülltes, immer auf große Bögen ausgerichtetes Musizieren gesorgt: Ein hervorragender Bach-Dirigent. Dass Doormann zudem noch exquisite Gesangssolisten und ein zumindest in den Bläsern beachtlich gutes Orchester verpflichtet hatte, erschien dann fast zweitrangig.

Andererseits aber gab es auch Berührendes aus der arabischen Kultur zu erleben mit einem orientalische Kammerensemble unter Leitung von Claudia Ott. Außerdem trat ein arabischer Volksmusiksänger auf, der mit einer Wahrhaftigkeit uns kompliziert erscheinende, höchst ausdrucksstarke Erzählgesänge darbot, dass man nur staunen konnte. Zusätzlich kam es bei den arabischen Profis zu dem Versuch, sich künstlerisch mit Bachs Musik auseinanderzusetzen.
Der Anfang der zweiten Kantate bestand aus einer frei schwingenden traditionellen orientalischen Hirtenmusik, die direkt in die Bach-Sinfonia hinüberführte und dort als metrische gebundene rhythmische Struktur weiterhin durchzuhören war.
Während am Anfang des Stückes die westliche und östliche Musik wie im Kontrast gegen einander standen, wurde im Mittelteil eher das Gemeinsame betont, was dazu führte, dass immer eine der beiden Kulturen zurückstecken musste. Es wirkte deshalb umso sinnfälliger, dass in der dritten Kantate, in die zum Ende hin auch ein kleiner Flüchtlingschor integriert wurde, dann wieder mehr das Nebeneinander zu erleben war. Dieses Nebeneinander wirkte nun aber dichter als noch am Anfang des Abends, aber es blieb ein Nebeneinander.
Letztlich demonstrierte dieser Abend, wie schwierig Integration ist. Das Konzert dauerte weit über zwei Stunden. Man brauchte Geduld. Dieser Abend war ein Grenzen sprengendes Konzert, das weit über ein rein musikalisches Ereignis hinaus ging.

Autor: Reinald Hanke, am 28.11.2016

 

Juventis-Chor zeigt sein Können

Zum Schuljahresabschluss häufen sich die Konzerte der diversen Ensembles an den hiesigen Schulen. So war es kein Wunder, dass der wohl ambitionierteste Schulchor Celles, der Juventis-Chor des KAV mit seinen Vorchören, zwar ein hervorragendes Sommerkonzert geben konnte, aber abgesehen von Angehörigen wohl kaum jemand in der Garnisonkirche war. Die Kirche war zwar gut gefüllt, aber längst nicht bis auf den letzten Platz belegt, was man sich eigentlich für diese Chöre wünschen würde.

CELLE. Schon die Vorchöre mit Schülern der fünften bis siebten Klasse konnten gefallen. Stephan Doormann schafft es wunderbar, seine jungen Sänger zu begeistern, dabei aber auch Niveau zu fordern. Und offensichtlich in der Probenarbeit auch zu vermitteln. Ob Kinderlied im gelungenen Arrangement wie „Alles muss klein beginnen“ oder traditionelle Klänge verschiedenster Art und auch moderne Songs des klassischen Pop wie Paul Simons „The Boxer“ oder Bob Dylans „Blowin‘ in the Wind“: Es gelangen alle Nummern gut. Dass dann auch mal eine Kleinigkeit nicht hundertprozentig klappt, das war vor allem der Nervosität geschuldet. Es tat dem überaus positiven Eindruck nicht den geringsten Abbruch.

Dass der Juventis-Hauptchor noch mal ein höheres Niveau bieten würde, das war zwar zu erwarten, aber trotzdem erstaunt es immer wieder, dass es Doormann hörbar selbst bei Schülern der bekanntermaßen nicht immer ganz leicht zu führenden Mittel- und Oberstufe gelingt, diese für im weitesten Sinne klassische Klänge zu gewinnen. Pierre Passereaus „Il es bel et bon“ gelang auf jeden Fall dermaßen vor Lebensfreude pulsierend, dass es die reinste Freude war, zuzuhören. Natürlich kamen Stücke wie „Michelle“ von den Beatles oder „School’s out“ bestens an, dass diese Stücke aber auf einem solch hohen Niveau gelingen würden, das lässt noch viel erwarten vom Juventis-Chor.

Cellesche Zeitung | Reinald Hanke am 21.06.2016

 

Juventis-Jugendchor Celle macht immer wieder Freude

CELLE. Ober das Chorleben in CeUe braucht man sich keine Gedanken zu machen: Es ist anzunehmen, dass so manch Jugendlicher als Erwachsener die Zeit des gemeinsamen Singens im Kopf behalten wird und dieses Sin­gen irgendwann wird wieder bele­ben wollen. Eine lebendige Chorsze­ne für Erwachsene setzt voraus, dass eine Basis dafür da ist. Diese wird im Celler Kaiserin-Auguste-Viktoria­-Gymnasium in besonderem Maße ge­schaffen, indem dort ein Lehrer fast nur für den Chorgesang verantwort­lich ist, nämlich Stephan Doormann, der mit seinem in mehrere Gruppen aufgeteilten Juventis-Jugendchor er­folgreiche musikalische Nachwuchs­arbeit betreibt. Das Sommerkonzert in der Garnisonkirche belegte das einmal mehr auf das Schönste. Zunächst präsentierte sich der Vorchor mit leichteren Stücken, die schwungvoll dargeboten wurden. Erstaunlich war dabei nicht nur die stimmliche und musikalische Quali­tät der Schüler, sondern auch deren Disziplin. Fast alle waren höchst auf­merksam bei der Sache, versuchten in einigen Stücken Körper- oder Hand­bewegungen in Einklang zu bekommen mit dem Gesang und ließen sich trotzdem kaum vom klangschönen Singen abhalten. Keine Frage: Die­ser Vorchor und der Vorbereitungs­chor für den Hauptchor, der Chor des 7. Jahrgangs, wird sicher eine Reihe Sänger hervorbringen, die man noch im Hauptchor hören wird. Der Hauptchor singt auf einem enormen Niveau und zugleich ein Repertoire, das keineswegs dazu angetan ist, sich bei den Jugendlichen von vorn­herein beliebt zu machen. Trotzdem gelangen gerade die Sätze aus älterer Zeit auf besonders beeindruckende Weise. Natürlich waren Effekts Lücke wie „Lech Lamidbar“ oder „School's Out“ Höhepunkte des Programmteils, aber gerade die historischen Stücke wurden besonders gut vorgetragen. Nicht ganz so gelungen waren die Clusterklänge zu Beginn des zwei­ten Programmteils, als der Chor sieb durch manch Klangtraube an die Melodie von „0 Welt, ich muss dich lassen" herantastete, dabei aber nicht immer klar wurde, welche harmoni­sche Trübung gewoUt und welche un­gewollt war. Man darf gespannt sein, wie sich der Chor noch entwickeln wird bis zum Niedersächsischen Chorwettbewerb im September.

Cellesche Zeitung | Reinald Hanke am 20.06.2016

 

Juventis-Jugendchor Celle plant Großes

100 Mitglieder im Alter zwischen 11 und 18 Jahren zählt der "Juventis"-Chor, den Stephan Doorman ins Leben gerufen hat. In absehbarer Zeit plant Doormann auch Wettbewerbsteilnahmen mit dem Chor.

CELLE. Der in Celle lebende Chorleiter Stephan Doormann (Foto) hat mit seinem früheren, in Springe beheimateten Chor „Quilisma“ nicht nur mehrfach erfolgreich an hochkarätigen Wettbewerben teilgenommen, er hat vor allem in den letzten Jahren mehrere Vermittlungsprojekte mit besonders anspruchsvollen Aufführungen verbunden. So hat es Doormann geschafft, dass sich die Jugendlichen in höchstem Maße in die gemeinsame Arbeit vor den Aufführungen einbrachten. Das galt sowohl für die Aufführung des „Weihnachtsoratoriums“ von Johann Sebastian Bach wie auch im besonderen Maße für das „Deutsche Requiem“ von Johannes Brahms und das Mozart-„Requiem“. „Für manch jungen Sänger ist dabei der Chor fast zu einer Art zweiten sozialen Heimat geworden. Dann muss man als Chorleiter vor Ort präsent sein, was aber nicht geht, wenn man viele Kilometer weg in Celle wohnt.“

So kam die Situation für Doormann wie gerufen als sich für ihn vor ungefähr zwei Jahren die Möglichkeit bot, eine Stelle am hiesigen KAV-Gymnasium zu übernehmen. Darum hat er seinen Springer Chor abgegeben und am KAV einen Chor namens „Juventis“ ins Leben gerufen, der in voller Besetzung über 100 Mitglieder im Alter zwischen 11 und 18 Jahren zählt und bereits mehrfach in Hannover und Celle aufgetreten ist. In absehbarer Zeit plant Doormann auch Wettbewerbsteilnahmen mit dem Chor.

Zur Finanzierung und organisatorischen Bewältigung der bevorstehenden Aufgaben haben der Chorleiter und eine Gruppe von Chorsängereltern einen als gemeinnützig anerkannten Verein gegründet, dem bisher etwa 40 Mitglieder angehören. „Ziel ist es, dass wir nicht nur alle Eltern ins Boot holen, sondern auch noch andere Chormusikenthusiasten ansprechen,“ so hofft Doormann. Er hat Großes vor: Als erstes ist eine Aufführung des „Weihnachtsoratoriums“ von Bach unter dem Motto „Neuland“ geplant, in das Flüchtlinge mit eigenen Musiktraditionen integriert werden sollen. Doormann sieht dieses Stück nicht nur als musikalisch meisterhaft, sondern auch als brandaktuell an.

Cellesche Zeitung | Reinald Hanke am 06.04.2016

 

Beglückend! Gut - sauber und klangschön!

WESTERCELLE. Beglückend, ja, das ist die richtige Bezeichnung für dieses Weihnachtskonzert in der Westerceller Christuskirche mit dem Juventis-Jugendchor, dem Bläserkreis Hannover und dem Organisten Martin Dietterle. Das Konzert war nicht perfekt, aber die Jugendchöre begeisterten in jeder Besetzung. Ganz gleich, ob nun die Kleinsten alles gaben oder ob eine kleine, schon etwas fortgeschrittenere Truppe sang. Und vom großen Chor, der die etwas älteren Schüler umfasste, gar nicht zu reden.

All diese Gruppierungen des Juventis-Jugendchores vom Celler KAV-Gymnasium haben bereits nach nicht einmal zwei Jahren ein Niveau erreicht, dass man nur so staunt. Neben der technischen Dimension – es wurde einfach gut, sauber und klangschön gesungen – hatte dieses Konzert aber noch dieses gewisse Etwas, das man nicht alle Tage erleben kann. Und das kam daher, dass an diesem Abend alle mit einem inneren Engagement und mit einer Freude am Singen dabei waren, dass es alleine schon deshalb ein Glück war, zuhören zu können. Zu verdanken war das neben den Sängern dem Chorleiter Stephan Doormann, der offensichtlich ein gutes Händchen dafür hat, zu erspüren, was man alles mit Kindern und Jugendlichen erreichen kann beim gemeinsamen Singen. Doormann fordert viel ein von seinen Chören. Hinter diesem Singen stehen spürbar ein großer Probenfleiß und eine gehörige Portion Disziplin. Andererseits freut Doormann sich selbst so an den Fortschritten seiner Schüler, dass ihm diese Freude anzumerken ist. Man sang konzentriert, aber fast nie wirkte dieses Singen gehemmt. Das funktioniert nur, wenn das Verhältnis Chorleitung und Chor auch stimmt.

Das Verhältnis des Bläserkreises Hannover zu seinem Dirigenten Björn Ackermann ist sicher ganz ähnlich, jedoch spielen da Erwachsene. Die Auswahl der Stücke war technisch manchmal zu gewagt, mit der Folge, dass doch öfter mal was schiefging. Das war dann ein wenig schade, denn diese Bläsertruppe ist weitaus besser als die meisten Laiengruppierungen, die man hierzulande hören kann.

Und dann war da noch der an der Orgel begleitende hannoversche Markuskirchenorganist Martin Dietterle, der nicht nur durch seinen geschickten Umgang mit einem mittelmäßigen Instrument überzeugte, sondern auch mit einfallsreichen Registrierungen und abwechslungsreichen Begleitvarianten. Es durfte auch reichlich gesungen werden von der großen Zuhörergemeinde. Und auch das wirkte angenehm zwanglos. Dies war ein Konzert, von dem man nur hoffen kann, dass es zu einer Tradition werden möge.

Cellesche Zeitung | Reinald Hanke am 18.12.2015